Heribert Prantl, Jurist und Journalist (u. a. Süddeutsche Zeitung), ausgewiesener Kenner und Kommentator des Grundgesetzes, nimmt seine Gäste mit in aktuelle Einschätzungen und Gedanken zum Grundgesetz und steht im Anschluss für Fragen der Schüler*innen und Gäste zur Verfügung.
Demokratie ist nicht irgendwann mal vom Himmel gefallen und dann für immer da. Demokratie muss man lernen, immer und immer wieder. Demokratie beginnt in der Schule, sie ist ein Lebensprinzip. Es gibt gleichwohl Leute die meinen,. Demokratie sei nicht mehr als eine Kiste: neunzig Zentimeter hoch und 23 Zentimeter breit; oben hat die Demokratie einen Deckel mit Schlitz. Alle paar Jahre, in Deutschland immer an einem Sonntag, kommen dann viele Leute zu diesen Kisten. Die Kiste heißt „Urne“, also genauso wie das Gefäß, in dem die Asche von Verstorbenen aufbewahrt wird. Wahlurne – das ist eigentlich ein merkwürdiger Name, denn die Demokratie wird ja an diesen Tagen nicht verbrannt und beerdigt. Im Gegenteil: sie wird geboren, immer wieder neu, alle paar Jahre.
Demokratie ist aber sehr viel mehr als nur eine Wahl und eine Mehrheitsentscheidung. Demokratie ist eine Wertegemeinschaft. Diese Werte stehen im Grundgesetz. Dieses Grundgesetz wird jetzt 75 Jahre alt. Es gehört zum Besten, was den Deutschen in ihrer langen Geschichte passiert ist. Das Grundgesetz ist ein Wunder, dem freilich auch Wunden geschlagen worden sind. Menschen in diesem Alter sind schon lang in Pension. Vom Grundgesetz wünsche ich mir das nicht. Ich wünsche unserer Verfassung nicht den Ruhestand, sondern neue Kraft und neue Stärke. Ich wünsche mir Grundrechte, auf die sich die Bürgerrinnen und Bürger verlassen können; ich wünsche mir Gerichte, Parlamente und eine couragierte Gesellschaft, die diese Grundrechte verteidigen: gegen Rassisten und Ausländerhasser, gegen Entsolidarisierung, gegen Datensammelwahnsinn und Überwachung, gegen Krieg und Gewalt.
– Heribert Prantl
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